Ohne die Social Media scheint heutzutage nichts mehr zu laufen. In der Öffentlichkeitsarbeit von Unternehmen spielen sie inzwischen eine wesentliche Rolle. Kaum ein Unternehmen kann es sich noch leisten hier nicht vertreten zu sein, denn ein großer Teil der Marken- und Unternehmenskommunikation läuft inzwischen über die sozialen Netzwerke. Weder E-Mails, Pressemitteilungen noch Inhalte von klassischen Websites können eine vergleichbare virale Power in so kurzer Zeit entfalten und so viele Nutzer erreichen wie die sozialen Netzwerke. Die große Reichweite ist einer der wesentlichen Erfolgsfaktoren für Facebook & Co. Dies hat sogar Auswirkungen auf viele Anwendungen in ERP-Systemen von Unternehmen. Viele sprechen deshalb auch schon von Social ERP.
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Veränderte Nutzererfahrungen durch Social Media
Die Social Media haben die Nutzererfahrung in der Unternehmenskommunikation durcheinandergewirbelt. Gewachsene Strukturen in ERP-Systemen mit strikter Rollenverteilung sind Netzwerken wie Facebook und Twitter jedenfalls völlig fremd. In den sozialen Netzwerken kommuniziert im Prinzip jeder mit jedem und teilt Inhalte prinzipiell mit allen anderen Nutzern. Daran ändern auch die Einstellungen und Filter nichts, die jeder Nutzer individuell setzen kann. Immer mehr verschwimmen die Grenzen zwischen rein privater und geschäftlicher Nutzung. Einen Freund eben mal schnell auf aktuelle Angebote hinzuweisen unterscheidet sich kaum noch von Tätigkeiten im CRM, also der Kundenkontaktpflege im Vertrieb und Service.
Lose Architektur statt funktionell aufgeblähter Systeme
Das wichtigste Merkmal in der veränderten Nutzerkommunikation ist, dass die Architektur der Systeme lose gekoppelt ist. Eng verzahnte Integrationen, die in klassischen ERP-Lösungen vorherrschen, weichen immer mehr flexiblen Strukturen, mit denen Mitarbeiter und Kunden leichter und ohne Umwege erreichen. Durch das Plus an Flexibilität lassen sich Prozesse schneller an veränderte Rahmenbedingungen anpassen. Die sozialen Netzwerke übernehmen heute vielfach Aufgaben, für die früher ausschließlich die unternehmensinterne IT zuständig war. Insbesondere läuft das Kundenbeziehungsmanagement (CRM) zu großen Teilen über Netzwerke wie Facebook. Insofern ist die Anbindung an das eigene ERP-System besonders wichtig geworden, um mit allen internen und externen Stakeholdern laufend in Kontakt zu bleiben. Hier ist unser Beitrag über den Unterschied zwischen ERP und CRM.
Dem mobilen IT-Anwender gehört die Zukunft
Und noch etwas hat die Unternehmenskommunikation einschneidend verändert: die Fülle an tragbaren und mobilen Geräten, mit denen Nutzer arbeiten und kommunizieren. Um dem Mitarbeiter außerhalb des Unternehmens Zugriff auf Prozesse und Unternehmensdaten zu ermöglichen, bedarf es keiner technisch aufwendigen Standleitungen oder ähnlichen stationären Lösungen von vorgestern. Der Mitarbeiter loggt sich vielmehr über seinen Webbrowser in eine Unternehmensanwendung ein und erhält direkten Zugriff auf alle Informationen, die er benötigt. Das ist überall möglich, wo ein Internetzugang verfügbar ist:
- über einen WLAN-Hotspot oder
- über das Mobilfunknetz.
Für die klassische IT hat das natürlich Konsequenzen. Manche sprechen hier von Kontrollverlust, weil der Anwender bestimmt, wann, von wo und über welche Devices er auf CRM- und ERP-Systeme zugreift. Die sozialen Netzwerke selbst entziehen sich sowieso der Kontrolle der klassischen Unternehmens-IT. Neue Aufgabenbereiche wie Social Media Monitoring übernimmt die Marketingabteilung oder das Social Media Marketing.
Kurzum: In dem Maße wie es schwieriger wird Anwender zu kontrollieren, wächst deren Bedeutung im Unternehmen.
Social Inboxen für alle Kontaktaufnahmen aus sozialen Netzwerken
Die Digitalisierung hat Auswirkungen auf alle Bereiche des privaten und öffentlichen Lebens. Kein Unternehmen kann sich dem mehr entziehen. Auch an klassischen CRM- und ERP-Systemen gehen diese Herausforderungen nicht vorbei. Schnittstellen zu Social Media Plattformen wie Facebook, Xing und Co. sind das Mindeste, was CRM-Systeme ihren Nutzern anbieten sollten. Über einen Link auf die entsprechenden Icons gelangt der Nutzer auf die Profilseiten von Unternehmen und Marken und kann direkt über die Netzwerke Kontakt herstellen zu
- Kunden,
- Interessenten und
- Lieferanten
Nutzer sollten daher die Möglichkeit haben, neben Daten wie E-Mail-Adressen und Telefonnummern auch Kontaktdaten wie Facebook- und Twitter-Adressen zu hinterlegen. Bei manchen Unternehmen ist die Facebook-Adresse inzwischen mindestens genauso wichtig wie die Telefonnummer. So, wie es für die E-Mail-Kommunikation einen Posteingang gibt, kann eine Inbox für Kontaktaufnahmen aus den Social Media die tägliche Kontaktpflege und Kommunikation mit Kunden und Interessenten wesentlich erleichtern.
Kunden wirken aktiv an Entscheidungsprozessen mit
Die klassische Marktforschung ist ein langwieriges Unterfangen. Zuerst entwickelt man Prototypen, um sie anschließend einem ausgewählten – manchmal auch zufälligen Personenkreis vorzustellen. Das Feedback gibt wichtige Aufschlüsse über Vorlieben und Marktchancen neuer Produkte und Marken und liefert eine wesentliche Entscheidungsgrundlage. Seit dem Aufkommen der Social Media gibt es noch ganz andere Möglichkeiten der Einbeziehung von Nutzern. Bereits in der Design- oder Entwurfsphase haben Nutzer Gelegenheit, aktiv auf eine Entwicklung Einfluss zu nehmen. Bereits viele Anbieter griffen auf diese, als Schwarmintelligenz bezeichnete Mitwirkung von Internetnutzern zurück. Etwa bei der Entwicklung neuer Marken und Produktdesigns.
Die bislang spektakulärste Aktion dieser Art dürfte die Entwicklung des Betriebssystems Windows 10 sein. Hier hatten Nutzer auf der ganzen Welt die Möglichkeit, den Nachfolger von Windows 8.1 in verschiedenen Betaphasen zu testen und durch ihr Feedback Optik und Funktionsangebot des Nachfolgers entscheidend mitzubestimmen. Für den Anbieter Microsoft hatte diese Vorgehensweise nach dem Flop des Betriebssystemvorgängers von Windows 10 noch weitere Vorteile. Viele Kinderkrankheiten und Bugs, die nach einem Release-Wechsel komplexer Systeme erfahrungsgemäß auftreten, konnte man so bereits im Vorfeld abfangen und beheben.
Social Collaboration ist Teamarbeit 2.0
Crowdsourcing führt zu Crowdworking und Social Collaboration und ist ein Meilenstein für eine ganz neue Welt des Arbeitens. Wenn früher von Teamarbeit die Rede war, verstand eigentlich jeder darunter, dass die Mitglieder eines Teams zusammenfanden
- an bestimmten Orten
- zu bestimmten Zeiten
Durch die fortschreitende Digitalisierung der Kommunikation und das Internet entfällt der Zwang zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort zu sein, um im Team mit anderen zusammenarbeiten zu können. Funktionen für Social Collaboration lassen sich leicht in cloudbasierte ERP-Systeme integrieren. Das können zum Beispiel Chatbereiche sein, in denen Teammitglieder miteinander chatten und ihre Kommentare hinterlegen, die für alle Mitglieder des Teams einsehbar sind. Das hat nicht nur Auswirkungen auf Projekte und die Arbeitsweise der Teammitglieder, sondern auch auf andere im Unternehmen stattfindende Prozesse.
Ein Mitarbeiter im Controlling muss nicht zwangsläufig mehr vor Ort sein, um seine Aufgaben zu erledigen. Wenn er eine Zugriffsmöglichkeit auf Daten und Funktionen hat, kann er zahlreiche Aufgaben natürlich auch von zu Hause oder unterwegs erledigen, sofern er mit mobilen Geräten auf das ERP-System zugreifen kann. Das geht natürlich besonders einfach, wenn das Unternehmen mit einem cloudbasierten ERP-System arbeitet. Was auch immer der Mitarbeiter gerade an Geräten zur Hand hat – er kann immer und überall
- auf Unternehmensdaten zugreifen,
- Funktionen abrufen,
- mit Teamkollegen in Kontakt treten oder
- diesen eine Nachricht hinterlassen.
Gleich, ob er zu Hause am Desktop-PC, am Notebook oder unterwegs mit dem Smartphone oder Tablet arbeitet.
Social ERP – Kundenkontakte über die sozialen Netzwerke
Nicht nur Mitarbeiter, sondern auch Kunden sind privat viel in sozialen Netzwerken unterwegs und häufig auch permanent online. Sie tauschen sich mit anderen Nutzern über Produkte aus, geben sich gegenseitig Tipps und helfen untereinander bei Problemen. Wenn ein Mitarbeiter mit Kunden und Interessenten in Kontakt treten will, braucht er nicht mehr den Kanal zu verlassen, um etwa im E-Mail-Account nachzusehen, ob ein Kunde eine Nachricht geschickt hat, sondern kann direkt über sein soziales Netzwerk mit dem Kunden ins Gespräch kommen. Beispielsweise über
- ein Feedback zum Posting eines Nutzers
- er kann auf das Profil des Nutzers gehen
- ihn vielleicht auch über Skype erreichen oder
- einen Chat starten direkt und ohne Umwege ins Gespräch kommen
Unternehmen, die über die sozialen Netzwerke kommunizieren, werden zudem von Kunden und Fans als fortschrittlich wahrgenommen.
Der klassische IT-Anwender stirbt aus
Ebenso wie das Kundenbeziehungsmanagement verstärkt über die Social Media läuft, werden sich lose gekoppelte Architekturen bei den ERP-Lösungen immer stärker durchsetzen. Der klassische ERP-Anwender, der in einem eng definierten Aufgabenfeld agiert und seine Aufgaben ausschließlich stationär erledigt, scheint zum Auslaufmodell zu werden. Starre Unternehmensgrenzen, wie wir sie kennen, passen nicht mehr ins Mobilitätszeitalter, in dem Mitarbeiter orts- und zeitunabhängig ihre Aufgaben erledigen.
Die zukunftsweisende Form des Arbeitens schafft einerseits neue Freiräume, andererseits aber auch Verunsicherung. Mitarbeiter, die sich und ihren Job ganz maßgeblich über
- physische Anwesenheit
- an einem bestimmten Ort
- zu festgelegten Zeiten
definieren, bilden gegenwärtig noch eine Mehrheit. Das trifft spiegelbildlich auch noch auf viele Unternehmen zu, die Angst davor haben, die Kontrolle über ihre Mitarbeiter zu verlieren und sich deshalb an klassische Lösungen klammern. Trotz alledem wird sich die Entwicklung nicht mehr aufhalten lassen. Die Veränderungen im Nutzerverhalten sind bereits weit fortgeschritten und werden die Zukunft der Arbeitswelt maßgeblich beeinflussen. Anbieter von ERP-Lösungen müssen darauf reagieren und Systeme flexibel genug gestalten, um mit dem durch ein verändertes Rollenverständnis geprägten digitalen Wandel mitzuhalten zu können.
Fazit: Veränderte User-Kultur zwingt Unternehmen zum Umdenken
ERP-Systeme, die im Laufe der Zeit mit den Unternehmensstrukturen gewachsen sind, kommen spätestens dann an ihre Grenzen, wenn die Social-Media-Aktivitäten im Unternehmen zunehmen. Je mehr Eigenverantwortung von Mitarbeitern erwartet wird, umso flexibler müssen diese handeln und arbeiten können. Die Nutzer von heute sind viel in sozialen Netzwerken unterwegs, teilen Inhalte mit anderen Nutzern, greifen auf deren Inhalte zu und arbeiten mit ihnen flexibel im Team zusammen.
Zudem eröffnet sich mit den Social Media ein neuer Vertriebskanal, der nicht nur für den Absatz, sondern auch für Service und Support immer wichtiger wird. Monolithische und komplexe ERP-Systeme, deren Ursprünge in den 1970er Jahren liegen, werden diesem Wandel in der Nutzerkultur immer weniger gerecht. Systeme, die es nicht schaffen, Schnittstellen zu den Social Media zu integrieren werden es in Zukunft schwerer haben, sich zu behaupten.
Die User der Zukunft sind an keine festen Orte und Zeiten mehr gebunden, sondern wollen von überall und zu jeder Zeit auch mit mobilen Geräten auf Unternehmensinformationen zugreifen können. Das setzt die Verfügbarkeit des ERP-Systems in der Cloud voraus. Social ERP lässt sich im besten Sinne in einer cloudbasierten ERP-Lösung implementieren, weil nur eine solche die Restriktionen von klassischen ERP-Systemen überwinden kann.
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